Hausboot auf dem Murray River

Hausboot Bella Casa Hausboot auf dem Murray River - das Boot Bella CasA

The Old Murray River

Der Murray River ist der zweitgrößte und berühmteste Fluss in Australien. Er ist 2.560 Kilometer lang. Seine Fließgeschwindigkeit ist sehr langsam, weil das anfängliche Gefälle von 15 cm/Kilometer am Schluss nur noch 2,5 cm/Kilometer beträgt.

Nachdem wir 2007 von der Mündung bis zur Quelle in Snowy Mountains neben dem Fluss mit dem Auto gefahren waren, wollten wir natürlich auch das Erlebnis „Hausboot auf dem Murray River“ genießen. So buchten wir bei über Houseboat Hire Adelaide (enquiry@houseboatbookings.com) 2009 ein Hausboot für zwei Wochen. Am 9. Januar, einem Freitag, ab 14.00 Uhr herrschte reges Treiben im Hafen von Murray Bridge. Die Hausboote wurde übergeben. Scheinbar waren wir die einzigen „Anfänger“. Schmuck sah es schon aus, dieses Hausboot Bella Casa. Nach einiger Zeit kamen Peter Sommers, der Manager, und Paul Savage, unser Einweiser zu uns. Man braucht in Australien, um ein Hausboot zu steuern, keine nautische Ausbildung. Die deutsche Driver Licence reicht. Wir hatten zunächst eine Kaution von 900 AUD Cash zu übergeben. Davon werden nach Rückkehr der Benzinverbrauch und eventuelle Schäden abgezogen. Den Rest gibt es bei Australiern per Überweisung, bei uns Cash zurück.

Mannum

Auf dem Hausboot befand sich eine von der Houseboat Hire Company gefertigte Karte, auf der man die Orte am Fluss, mögliche Gefahrenmomente, wie zum Beispiel die Fähren, den Kilometerabstand vom Hafen und die Grün gekennzeichneten Landeplätze zum Übernachten entnehmen kann. „Eigentlich könnt ihr überall Anlegen, wenn nur zwei Bäume zur Taubefestigung des Hausbootes am Ufer stehen“ lächelte Paul. Es gab eine kurze Erklärung über die Besonderheiten des bis zum grünen Punkt und 14,7 Volt zu ladenden Generators und was beim Starten des Motors zu berücksichtigen sei. Außerdem überließ uns Peter sein Handy. Die Sprechfunkanlage im Boot funktionierte nicht. Da ich zum Befestigen der Taue beim Anlegen „Auserkoren“ wurde, bekam Dagmar eine spezielle Unterweisung, wie man mit Motor und Steuer bis zum sicheren Vertäuen das am Ufer angelegte Hausboot gegen Wind und Strömung in der Stellung hält.

Cliffs am MurrayDann kam die erste Probefahrt. Ich fahre seit über 50 Jahren Auto, sicher und problemlos. Aber mit diesem „lahmen und extrem unsensiblen Ungeheuer“ von Boot bin ich nicht klar gekommen. Das „Ding“ reagierte auf keine Steuerbewegung. Mit der Folge, dass ich maßlos überdrehte und das Biest dann fast auf der Stelle wendete. Anlegen am Ufer? Das wiederum war für mich kein Problem. Hier konnte ich durch Speedschübe von 3000 Umdrehungen (ansonsten wurden 2.500 Umdrehungen vorgeschrieben) dem Boot die nötige Schnelligkeit geben. Und da reagierte es auch prompt auf alle Lenkbewegungen. Inzwischen war es, da unsere Unterweisung erst gegen 18.30 Uhr begann fast 20.00 Uhr geworden. Paul murmelte etwas von „Learning by Doing“ und meinte, wir sollten als erste Etappe zunächst in Richtung Tailem Bend fahren. Da gäbe es auch gute Anlegeplätze. Dieser Meinung war ich nicht. Ich beherrschte das Boot nicht. Hatte echte Schwierigkeiten bei jeder Lenkbewegung. Also lehnte ich ab, jetzt kurz vor Einbruch der Dunkelheit unsere Hausbootfahrt zu starten. Dagmar war darüber sehr froh. Und schließlich entschied der Manager Peter, dass Paul am nächsten Tag gegen 08.00 Uhr noch einmal zu einer weiteren Probefahrt kommen sollte. So blieben wir die erste Nacht auf unserem Schiff im Hafen. Ein wunderschöner Abend, herrliche Abendstimmung am Fluss. Und ich freute mich, dass ich jetzt nicht irgendwo mit den Tücken des Anlegens zu kämpfen hatte.

MurrayAm nächsten Morgen wurde es Ernst. Ich drehte mit Paul zwei Proberunden auf dem Fluss, hatte zwar immer noch das Gefühl einen lahmen Gaul zu reiten. Aber ich riskierte eben den Start, da auf dem Murray zu dieser Zeit kaum Betrieb war. Es ging los. Gegenüber dem Hausboothafen befindet sich eine Insel, die Long Island heißt. Pech für die Insel, dass sie genau gegenüber dem Hafen lag. Das rückwärtige Ausparken vom Anlegeplatz gelang problemlos, da ich auch hier wieder mit Speed fahren durfte und niemand zurzeit auf dem Murray war. „Erst mal raus aus dem Bereich Murray Bridge“ dachte ich. „Dann sehen wir weiter.“ Also lenkte ich nach dem „Rückwärtsausparken“ das Boot mit dem Bug flussaufwärts. Wollte ich jedenfalls. Aber Bella Casa hatte da eine andere Meinung und wohl keine Lust auf eine Zweiwochenfahrt. Trotz Lenkbewegungen nach rechts trudelte der Kahn mit 2.500 Umdrehungen wieder in Richtung Anlegeplatz. Das reichte mir. Also riss ich das Steuer bis zum Anschlag nach rechts. Bella Casa muß das als Kriegserklärung verstanden haben. Das Boot drehte zwar nach rechts in Richtung flussaufwärts. Hörte aber trotz Gegensteuerung mit der Drehbewegung nicht auf und näherte sich nunmehr Long Island. Murray RiverDamals wusste ich noch nicht, dass so ein Hausboot bei einer so langsamen Fahrt als Antwort auf jede Richtungsänderung 10 bis 13 Sekunden braucht. Long Island kam gefährlich näher. In großer Not drehte ich nunmehr das Steuer maximal nach links. Bella Casa schien auch nicht scharf auf eine Kollision mit der Insel zu sein. Das Boot drehte ein wenig nach Backbord. Damit fuhren wir parallel zu Long Island und rasierten alle überstehenden Äste und Zweige in sauberer Linie ab. Ich glaube, vom Ufer muß meine Fahrt wie die eines Volltrunkenen ausgesehen haben, obwohl die Stadt mir dankbar sein kann für die teilweise exakte „Uferbegradigung“ des Mittelstückes von Long Island. Ich brauchte mehrmals die ganze Breite des Flusses zwischen Ufer und Long Island, bis ich das Boot auf einen halbwegs geraden Kurs hatte. Die erste Klippe, nämlich den Fahrspurwechsel nach Passieren von Long Island bekam ich (oder besser das Boot) ganz gut hin. Zumal ich inzwischen mit der Zeitverzögerung der Reaktion des Bootes auf Steueränderung und mit der notwendigen Zurückhaltung bei Steuerbewegungen, auch Dank der Ratschläge von Dagmar, einigermaßen hin kam.

Aber da näherten wir uns schon zwei weiteren üblen Gefahrenmomenten. Es kamen nämlich zwei Brückendurchfahrten mit der Möglichkeit, mit vier verschiedenen Pfeilern zu kollidieren. Die Eisenbahnbrücke und gleich dahinter die mächtige Autobrücke. „Der Mensch denkt und Gott lenkt“ ist ein Spruch, den ich noch aus dem Konfirmationsunterricht kannte. So bat ich den lieben Gott, meine Hände so zu lenken, dass wir heil beide Brückendurchfahrten überstehen würden. Auch Bellas Casa schien gläubig zu sein. Denn nachdem das Boot merkte, dass wir nunmehr unter göttlichen Schutz standen, machte es auf der weiteren Fahrt viel weniger Sperenzchen. Murray PrincessDoch der nächste Schock ließ nicht lange auf sich warten. Gerade hatte ich mich auf eine gemütliche Weiterfahrt eingerichtet, als ich durch ein markdurchdringendes, lautes und gefährliches Hupsignal hinter mir aus der Ruhe gerissen wurde. Der Stolz der Murray Schifffahrt, der prächtige Raddampfer „Murray Princess“, der regelmäßig zwischen Murray Bridge und Swan Reach verkehrt, war mit ziemlichen Tempo knapp 50 Meter hinter uns und auf dem besten Weg uns rechts zu überholen. „Linie halten“ sagte ich zu Bella Casa. Und das Boot sah das auch so.

Wildhund am Murray RiverSo gegen 15.00 Uhr entschlossen wir uns, nach bis dahin unproblematischer Fahrt irgendwo anzulegen. Und zwar kurz vor Wood Lane Reserve. Allerdings am steinigen rechtem Ufer. Beim ersten Versuch trieben mich Wind und Wellen so schräg an das Ufer, dass mir ein Nachjustieren des Bootes nicht gelang. Beim zweiten Versuch bemerkte ich kurz vor dem Anlegen im Wasser des Uferbereiches allerlei Bäume und Steine, sodass ich den Versuch mit vollem Rückwärtsgas abbrach. Doch der dritte Anlauf gelang. Das Boot stand fast wie im rechten Winkel zum Ufer. Dagmar übernahm Steuer und Ausrichtung gegen Wind und Wellen. Und ich stürzte mit dem ersten Tau erst mal kräftig auf die Nase, als ich auf der Suche nach einem passenden Baum in ein von Gestrüpp verdecktes Loch fiel. Bald waren auch die drei anderen Taue an den Bäumen befestigt. Die erste Etappe war überstanden. Wir stellten den Motor ab. Kontrollierten noch einmal, ob die Seile auch richtig vertäut waren. Nur vom sogenannten Hochgefühl einer Murray Reise hatte ich nicht sehr viel mitbekommen. Aber das hatte uns Peter schon bei der Abfahrt prophezeit. „Die erste Etappe ist die Lernetappe“ sagte er. „Dann habt ihrs drauf!“. Es konnte also nur besser werden.
„Wir bekommen Besuch“ meint Dagmar. Und wirklich. Zwei Wildhunde näherten sich vorsichtig, vom Berg herunter kletternd, unserem Boot. Als Dank für die kleinen zugeworfenen Happen haben uns die zwei dann in der Nacht das Oberdeck verwüstet. Wir hatten aber endlich Zeit, vom Liegeplatz aus, Umgebung und Fluss bewundernd zu genießen.

Nachbarschaftshilfe am MurrayBei einem weiteren der Aufenthalte bekamen wir ein Problem. Wie immer startete ich das Boot. Dann übernahm Dagmar das Ruder und ich ging, die Taue von den vier Bäumen zu lösen. Dann versuchte ich rückwärts wieder auf den Fluss zu kommen. Nur Bella Casa schien dazu noch zu müde zu sein. Das Boot rührte sich nicht von der Stelle, Obwohl ich die Tricks mit Rechts- und Linkseinschlag des Steuers beim Rückwärtsgang versuchte, und dabei sogar bis zu 3.500 Umdrehungen Speed ging. Bela Casa blieb fest am Ort. So merkte ich, dass wir auf einer Felsennase aufgesetzt hatten. Der Wasserspiegel war über Nacht so sehr gesunken, dass eine Felsenplatte, die ich beim Anlegen nicht mal gesehen hatte, nun wie eine Parkkralle wirkte. Unser australischer Bootsnachbar schien meine vergeblichen Startversuche bemerkt zu haben. Er kam zu uns, stellte sich vor das Boot, sagte ich sollte noch ein Mal mit Pendelversuchen rückwärts Gas geben. Dabei stemmte er sich mit aller Kraft gegen das festsitzende Boot. Und nach wenigen Minuten und Versuchen war es frei. Ich wollte mich bedanken. Er aber winkte ab und ging mit einem freundlichen Winken zurück. Später, bei der Fahrt nach Bowhill, er hatte uns inzwischen überholt, zeigte er mir so auf Höhe von Teal Flat Shackes, wo wir gerade die Häuser und den Kanal zum Lake Carlet von Bord aus besichtigen wollten, durch Handzeichen, dass die ideale Fahrstrecke mehr links wäre. Danke! Es waren solche Australier, die uns bei dieser Reise immer wieder erfreuten.

Die besonderen Höhepunkte der Murray River Houseboat Tour kann man auf den Fotos sehen.

Besonders erwähnen möchte ich aber nach die Prozedur des Nachtankens. Der Store mit der Tankmöglichkeit lag nicht zu weit vom Ufer weg und ich wollte zunächst nur 40 Liter tanken. Ich mußte dafür zwei 20 Liter Kanister und einen Einfüllstutzen leihen. Zusätzliches Krafttraining braucht ein Mann, der täglich das Boot vertäuen muß, und dann auch noch 40 bis 60 Liter hier und da 200 bis 300 Meter zum Boot tragen „darf“, sicherlich nicht mehr.

Sonnenuntergang am Murray RiverWir hatten auf dieser Tour viele unvergessliche Eindrücke:

Besonders die Sonnenuntergänge blieben im Gedächtnis.
Natürlich ist die Flusslandschaft phantastisch. Aber für mich, als „Anlegematrose“ wurde jedes Anlegen am Ufer zur Tortur. Am schlimmsten aber traf es mich war, als ich beim Vertäuen von großen Ameisen angegriffen wurde, die sich in meinen Beinen und meinen Socken verbissen.
Aber mit der Zeit verbesserte sich auch unsere Landungstechnik.

Alles in allem eine tolle Tour, was die Bilder beweisen sollen. Aber erneut würden wir es mit über 65 Jahren nicht wieder tun.
Wen die gesamte Murray River Reise interessiert, der kann diese unter The Old Murray River nachlesen.

Dazu viel Spaß
Dieter Tischendorf

Foto: Dieter Tischendorf

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